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Electro, auch als Elektro verbreitet, ist eine Sammelbezeichnung unterschiedlicher Musikstile, die sich in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren vorwiegend aus Teilen der Electronic Body Music und der europäischen und nordamerikanischen Post-Industrial-Musik heraus entwickelten.

Mit der Musik entstand die Electro-Szene, die sich mittels eigener Veranstaltungen (Maschinen-Open-Air, Electro Meeting etc.), Labels (bspw. Zoth Ommog, Off Beat, Metropolis) und Printmedien (New Life, Bodystyler, Vertigo) organisierte.

Electro als Sammelbezeichnung ist nicht gleichzusetzen mit dem Musikstil Electro, dessen Entstehung primär auf afro-amerikanische Wurzeln (siehe Funk) zurückgeht.

Hintergrund[]

Aufschwung[]

Die permanente Entwicklung neuer und preislich erschwinglicher Instrumente (vor allem Synthesizer, Sampler und Sequenzer) bildete Mitte der 1980er-Jahre das Fundament für eine Reihe innovativer Strömungen in der elektronischen Musik, die aufgrund ihrer Vielfalt kaum greifbar erschienen. Etliche Kompositionen wurden zum Teil deutlich brutaler arrangiert, was nicht zuletzt durch die Verwendung stimmverzerrender Effektgeräte herrührt, die den Gesang der Vokalisten stark verfremdeten. Einige, zum Teil kaum mehr präsente Genres, die auf dieser Basis in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren ihren Ausgangspunkt nahmen, wurden in der Folge unter den Bezeichnungen Dark Electro, Hardcore Electro und Electro-Industrial zusammengefasst. Diese drei Stilformen förderten im selben Jahrzehnt die Entwicklung einer vierten, stark von Techno beeinflussten Stilrichtung, den so genannten Aggrotech (auch als Hellectro bezeichnet).

Da zunächst keine Notwendigkeit darin bestand, diese Stile bewusst voneinander zu trennen, etablierte sich Electro Anfang der 1990er Jahre schon bald als Sammelbezeichnung. Überdies ließ sich das musikalische Spektrum von Projekten wie Leæther Strip, X Marks the Pedwalk, Plastic Noise Experience, Cat Rapes Dog, Birmingham 6, Evils Toy, Abscess, Decoded Feedback, Forma Tadre und In Strict Confidence nur schwer auf einen Nenner bringen, sodass – bspw. zur musikstilistischen Umschreibung nordamerikanischer Formationen wie Skinny Puppy, Mentallo & The Fixer, Index und Velvet Acid Christ oder für europäische Projekte wie Wumpscut: – gelegentlich Behelfsbezeichnungen wie Splatter Electro oder Endzeit-Electro Verwendung fanden. Dieser, über die erste Hälfte der 1990er-Jahre hinweg andauernde Zeitabschnitt gilt als vielseitige Epoche nach dem Ableben der EBM-Ära in Europa.

In der Mitte der 1990er traten Einflüsse aus dem IDM- und Electronica-Umfeld hervor. Künstler, die vereinzelt Elemente aus diesen Bereichen kompositorisch einsetzten bzw. musikalisch nahezu gänzlich mit diesen Genres fusionierten, waren Lassigue Bendthaus, Haujobb, Gridlock, Individual Totem und Pulse Legion.

Wandel und Stagnation[]

Zur gleichen Zeit begannen die Herstellerfirmen elektrophoner Klangerzeuger verstärkt damit, ihre Aufmerksamkeit auf die populären Genres der elektronischen Tanzmusik, wie Techno, House oder Goa Trance, zu richten und eigens dafür entwickelte Synthesizer auf dem Markt zu etablieren. Einige der ersten Synthesizer, die die Techno-/Dance-Kultur in den kommenden Jahren prägten, waren der Nord Lead der Firma Clavia (1995), der CS1x von Yamaha (1996) sowie die MC-303-Groovebox und der JP-8000 von Roland (1996/1997). Schon bald fand dieses Equipment auch in der Electro-Szene Verwendung, was zur Folge hatte, dass sich etablierte Electro-Acts stilistisch zunehmend der Techno-Bewegung annäherten, darunter Funker Vogt, die auf die Techno-Komponenten des Yamaha CS1x zurückgriffen, und Decoded Feedback, die die Trance-Sounds der Roland MC-303 verarbeiteten. Die vermehrte Verwendung dieser Synthesizer bewirkte in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre die Herausbildung der Genres Future Pop und Aggrotech. Die anhaltende Popularität und Festigung beider Stile führte stufenweise zur Stagnation und verdrängte überdies die ursprünglichen Spielarten des Electro aus dem Licht der Öffentlichkeit, was sich insbesondere auf die Vorkämpfer der Electro-Szene negativ auswirkte.

„Immer mehr Elektro-Bands nähern sich kommerziellen Gefilden, spielen verstärkt mit […] Dance- und […] Techno-Einflüssen. Außerdem nimmt die Flut der Veröffentlichungen im Elektro-Bereich rapide zu und das Niveau ab. Steht die Elektro-Szene vor dem Overkill?“
– Marc Simon ‚Masi‘ Kriegs, Musiker und Musikjournalist, Sommer 2000

Genrespezifische Untergliederung[]

Obgleich die Übergänge zwischen den Spielarten fließend sind (so z. B. bei Mortal Constraint, Plastic Noise Experience, Wumpscut: oder Allied Vision, die sich aufgrund ihrer Einflüsse und Ausdrucksformen gleichzeitig mehreren Stilrichtungen zuordnen ließen) und sich ein Teil der Bands im Laufe der Zeit stilistisch wandelte, lassen sich simplifizierend einige Basismerkmale herausarbeiten, die eine Definition dreier Subgenres ermöglichen. Diese Genres wurden in den 1990ern unter den Titulierungen Dark Electro, Hardcore Electro und Electro-Industrial zusammengefasst.

Technoid geprägte Derivate[]

Anmerkungen zur Genrebezeichnung[]

In den 1980er Jahren nutzte man zur Zusammenfassung verschiedenartiger elektronischer Musikstile generell die Bezeichnung „Techno“. So sollte 1983 ein Kraftwerk-Album namens Techno Pop erscheinen (drei Jahre später neu aufgenommen und als Electric Café veröffentlicht), es folgten Kompilationen wie Technopolis und Electronic Techno Music, Plattenfirmen wie Techno Drome International wurden ins Leben gerufen.

Als mit House, Detroit Techno und New Beat der Grundstein für den Techno der 1990er Jahre (anfangs noch als Techno House bezeichnet) gelegt wurde, ahnte noch niemand den Boom, den dieser bald erleben sollte. Zur Trennung beider Richtungen wurde zu dieser Zeit schlicht zwischen Techno (für den ursprünglichen Electro) und Tekkno (für den neu entstandenen Techno House) differenziert, was jedoch nicht den erwünschten Erfolg brachte. Bereits 1992 bürgerte sich die Bezeichnung Electro ein, löste die alte Bezeichnung Techno ab und setzte sich allmählich als Sammelbezeichnung durch.

Viele Musikprojekte aus dem Electro-Umfeld versuchen, sich selbst oft als sehr kreativ zu umschreiben. Nicht selten nutzen sie zusätzliche Bezeichnungen wie Industrial oder Noise. In den meisten Fällen hat ihre Musik jedoch wenig mit diesen Stilformen zu tun.

Subkultur[]

Die Electro-Szene in Europa ist Anfang der 1990er im Wesentlichen aus der EBM-, Post-Industrial- und Electro-Wave-Kultur hervorgegangen. Nachfolgende Generationen existieren seit Ende der 1990er vermehrt im Rahmen der Schwarzen Szene. Das martialische Erscheinungsbild der EBM-Bewegung wurde dabei nur ansatzweise übernommen. Es bestehen Überschneidungen mit der Technokultur, die mittlerweile einen sichtbaren Einflussfaktor darstellt. So kombinieren viele Angehörige die unterschiedlichen Kleidungsstile, andere wiederum halten sich an die ursprünglichen subkulturellen Merkmale.

Häufig getragene Kleidungsstücke sind Stretchtops aus schwarzem Lycra, Workershirts sowie einfache Bandshirts, meistens kombiniert mit schwarzen Taschenhosen, Bondage-Pants, Jeans- oder Kunstlederhosen. Shirts oder Jacken aus Polyester sind ebenfalls häufig anzutreffen. Als Schuhwerk werden in der Regel Stiefel getragen, z. B. Rangers, Dr. Martens, Shellys, Undercover- oder Underground-Schuhe.

Im englischen Sprachraum findet sich hingegen eine an den Cyberpunk angelehnte Jugendkultur wieder, so zum Beispiel die Rivethead-Kultur in Kanada und den Vereinigten Staaten.